Genügsam und vielfältig

EJZ 22.06.2023

 

Vor zwei Jahren startete die Genossenschaft Vereinigte Saatzuchten Ebstorf (VSE) mit Lüchow-Dannenberger Landwirten einen Anbauversuch mit Hanf. Das Projektnimmt nach einigen Startschwierigkeiten Fahrt auf


VON ROUVEN GROSS

Bussau. Es ist heiß. Und staubig. Jedes Fahrzeug, das über den sandigen Feldweg in der Nähe von Bussau fährt, wirbelt eine Staubwolke auf, die sich bei der herrschenden Windstille schnell als bräunlich-graue Schicht auf die grünen Pflanzen legt, die auf dem angrenzenden Acker wachsen. Ungewöhnliche Pflanzen: ein langer Stiel mit länglichen, spitz zulaufenden Blättern daran und einem Blütenstand an der Spitze. Es ist Hanf, der dort in der Feldmark auf rund fünf Hektar Acker wächst.


„Unterschiedliche Sorten für unterschiedliche Nutzungen“, sagt Stefan Schulz. Ihm gehört der Acker, und das, was drauf wächst, soll Landwirten helfen, auch künftig noch gutes Geld zu verdienen. In Zeiten, in denen der Klimawandel und seine Folgen, aber auch der Umwelt- und Artenschutz es auch hier in Lüchow-Dannenberg Landwirten immer schwerer macht, überhaupt noch ertragreich zu wirtschaften. Entsprechend groß ist an diesen Tag das Interesse an dem „Hanf-Info-Tag“, den die Genossenschaft Vereinigte Saatzuchten Ebstorf (VSE) an dem Acker von Stefan Schulz veranstaltet.

Bis zu 15 Zentimeter Wachstum am Tag
„Hanf wächst unter Bedingungen, in denen andere Nutzpflanzen nicht mehr gedeihen. Trockenheit, Nährstoffarmut, hoher Beikrautdruck“, berichtet Stefan Schulz. Der Boden dort in der Bussauer Feldmark ist schlecht, um die 20 Bodenpunkte, sandig, kaum humushaltig und mit geringem Wasserspeicherpotenzial. Solche Flächen sind für eine gewinnbringende Landwirtschaft nur mit großem Aufwand nutzbar, sie brauchen viel Dünger, viel Wasser und viel Pflege - „eigentlich wächst auf solchen Böden nur Mais“, sagt Stefan Schulz. Und auch der nur, wenn er reichlich mit Dünger versorgt und mit Pflanzenschutzmitteln unterstützt wird. 

Ganz anders, sagt der Landwirt, verhalte es sich beim Hanf. „Der wird nicht beregnet, und er braucht auch keinen Pflanzenschutz: Es gibt kaum Schädlinge, die ihn angehen, und auch nur wenige Krankheiten, die ihn befallen - und das kommt im Freilandanbau sehr selten vor“, erläutert der Landwirt.

Dünger habe der Hanf auf seinem Acker nur bei der Aussaat erhalten, Mineraldünger in einer sehr geringen Dosierung. Und gegen Unkraut wehrt sich der Hanf sogar selbst: „Er läuft sehr schnell auf und wächst dann bis zu 15 Zentimeter am Tag. Da kommt kein Beikraut mit, und im Vollschatten des Hanfs wächst dann kaum noch etwas anderes“, so Schulz.

Dämmmaterial und Öl für Kosmetika
Das alles führt dazu, dass Hanf eine echte Alternative sein kann für Landwirte, meint man bei der VSE, die den Feldversuch initiiert und finanziert hat. Gerade in trockenen Gebieten und wo das Düngen wegen möglicher Nitrat-Problematiken eingeschränkt und das Verwenden von Pflanzenschutzmitteln aus Gründen des Artenschutzes untersagt ist.

Und auch Abnehmer habe man mittlerweile gefunden, berichtet Stefan Schulz: Die Hanffasern fänden in der Automobil- und in der Baustoffindustrie Abnehmer, sie werden zu Formteilen und Dämmmaterial verarbeitet. Und aus den Samen, den sogenannten Hanfnüssen, wird in Ölmühlen ein Öl, das unter anderem in Kosmetik- und Pflegeprodukten Verwendung findet. Außerdem werden die Hanfsamen zur Nachzucht verwandt und Vogelfutter beigemischt.

„Es gibt Sorten, die sind auf einen maximalen Faserertrag gezüchtet, solche, die vor allem Hanfnüsse hervorbringen, und Doppelnutzungssorten“, erläutert Stefan Schulz. Was es allerdings nicht gibt auf seinem Acker, sind Sorten, die man rauchen könnte. „Also kann man schon, aber das bringt einem nichts“, stellt der Landwirt heraus: „Der Wirkstoffanteil darin ist so gering, dass man das schon kiloweise wegpaffen müsste."