Mitten im Wandel
EJZ 08.12.2022
Die Vereinigten Saatzuchten Ebstorf blicken auf ein erfolgreiches erstes Jahr nach der "kalten Sanierung" mit massivem Stellenabbau und Standortschließungen zurück
Dr. Christoph Hauser sieht zufrieden aus. Mehr noch: Der gebürtige Schwabe, der seit Mitte 2021 als Geschäftsführer der Vereinigte Saatzuchten Ebstorf (VSE) die Geschicke der Genossenschaft lenkt, wirkt geradezu enthusiastisch, wenn er über "die Umstrukturierung" des Unternehmens spricht, über "die Entwicklung, die die VSE genommen" habe, über den "Wandel", in dem sich das Unternehmen, aber auch die gesamte Landwirtschaft befinde. Und diesen Enthusiasmus, diesen Optimismus kann er mit Zahlen belegen: Mehr Umsatz, mehr Gewinn, weniger Verbindlichkeiten weist der Jahresabschluss der VSE für das Geschäftsjahr 2021/22 aus. "Eine Teamleistung", betont Hauser. Und, auch das verchweigt er nicht, das Ergebnis der Schließung oder des Verkaufs unrentabler Standorte - und der Entlassung rund der Hälfte der ehemals 311 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Hauser: "Aktiv mitgestalten"
Die "Restrukturierung", im Rahmen derer bei der VSE Standorte geschlossen oder verkauft und Personal abgebaut worden waren, hatte schon begonnen als Hauser den Geschäftsführungsposten im Sommer 2021 übernahm. In den Jahren zuvor war die Genossenschaft mit Sitz in Ebstorf, aber auch Standorten und vor allem Mitgliedern in Lüchow-Dannenberg, stetig gewachsen, jedoch relativ planlos und unstrukturiert, was die VSE in eine bedrohliche Lage gebracht hatte (EJZ berichtete). Das, sagt Dr. Christoph Hauser, sei nun aber Geschichte. Das Unternehmen sei "gut aufgestellt", zukunftssicher und nicht nur willens, sondern auch in der Lage, den Wandel in der Landwirtschaft nicht nur mitzugehen, sondern auch aktiv mit zu gestalten.
Erfolgreiche Anbauversuche
Etwa durch das Erschließen neuer landwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten abseits der "eigentlichen Hauptaufgabe, also der Lebensmittelproduktion", erläuters der VSE-Geschäftsführer. So habe man in der auslaufenden Saison zusammen mit Lüchow-Dannenberger Landwirten Anbauversuche mit Arzneimittelpflanzen wie Baldrian und Goldrute unternommen, was "außerordentlich erfolgreich verlaufen" sei. In beiden Fällen seien die Pflanzen gut gediehen und die Vermarktung habe " wie geplant gut funktioniert", freut sich Hauser.
Auch der Versuch, Tulpenzwiebeln im Lüchow-Dannenberger Südkreis zu vermehren, sei von Erfolg gekrönt gewesen. Die Ernte sei dabei so gut gewesen, dass man neben der Vermarktung der Saatzwiebeln nin auch "einige Felder mit Tulpen zum Selberpflücken" anlegen werde, blickte Hauser auf das nächste Jahr voraus. Einzig beim Hanf-Anbauversuch habe es Probleme gegeben: "Es gab viel zu wenig Niederschlag, noch weniger als 2018. Das hat nicht einmal der Hanf gut vertragen", erläutert der VSE-Chef. Dabei sei der Hanf nur al Dämmmaterial verwendbar, und als solcher werde er auch schon über die Mölders-Baumärkte vermarktet. Alle vier Anbauversuche werden im nächsten Jahr fortgesetzt und ausgebaut, kündigt Dr. Christoph Hauser an.
Mehr Umsatz, mehr Gewinn
Die Zahlen, die er am Dienstag, dem 13. Dezember, bei der Generalversammlung in der Uelzener Jabelmann-Veranstaltungshalle den Genossenschaftsmitgliedern präsentieren wird, können sich sehen lassen. Der Umsatz stieg im Vergleich zum vorherigen Wirtschaftsjahr um 16,4 auf 124,7 Millionen Euro, der Bilanzgewinn stieg im gleichen Zeitraum um 1,7 auf knapp 3,3 Millionen Euro. Die Verbindlichkeiten sanken von 42,29 auf 42,23 Millionen Euro, die Rücklagen stiegen von 11,78 auf 13,32 Millionen Euro. Bei der VSE sind aktuell 167 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter sieben Auszubildende. Erstmals bildet die VSE seit diesem Jahr auch Fachinformatiker für Systemintegration aus. "Solche Fachkräfte sind auf dem Arbeitsmarkt nicht zu bekommen, wie in anderen Bereichen auch. Daher setzen wir kpnftig noch stärker auf eigene Ausbildung", betont Dr. Christoph Hauser. Auch das sei dem Wandel geschuldet: "eine Herausforderung - aber auch eine Chance".