Genossenschaft im Umbruch

AZ 15.12.2022

Geschäftsführer Hauser zieht bei Generalversammlung der VSE Zwischenbilanz

Die Vereinigten Saatzuchten Ebstorf (VSE) haben eine spannende Zeit hinter sich. 2021 wurden fünf Standorte geschlossen, die Futtermittelsparte verkauft, 50 Mitarbeiter abgebaut (AZ berichtete). Seit dem Geschäftsführerwechsel machte die Genossenschaft mit unkonventionellen Anbauversuchen mit Nutzhanf, Tulpen und Goldruten Schlagzeilen. Bei der Generalversammlung in der Uelzener Jabelmannhalle zog Geschäftsführer Dr. Christoph Hauser eine positive Zwischenbilanz der Neuausrichtung in einem schwierigen Umfeld mit Inflation und gestörten Lieferketten. "Die Stärkung der Mitglieder steht im Vordergrund. Die Genossenschaft wollen wir bis 2026 profitabel und zukunftsfähig aufstellen", kündigt Hauser an. Im Geschäftsjahr 2021/2022 erwirtschaftete die SE einen Umsatz von 122 Millionen Euro, ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 17 Prozent. Die 822 Mitglieder erhalten eine Dividende von drei Prozent. Dabei gibt es durchaus Herausforderungen. 

Vor allem das Kartoffelgeschäft krankt seit Jahren. Teile des Lagers sind sogar untervermietet. "Wir haben Kollegen, die den direkten Weg zu Verpackern gefunden haben", erklärt Aufsichtsratsvorsitzender Dirk Giere. die VSE als Zwischenhändler hat dabei das Nachsehen. "Wir haben oft die schlechte Ware, und die gute Ware geht zu den Verpackern. Wir können die Kosten decken, aber für Investitionen sind wir zu klein", räumt Giere ein. "Wir sind dabei eine Lösung zu entwickeln", verspricht Geschäftsführer Hauser. "Haben Sie Verständnis dafür, dass wir in anderthalb Jahren nicht drehen können, was sich in Jahrzehnten entwickelt hat."

Viel Betrieb herrscht dagegen in der Erntezeit an den Silos im Uelzener Hafen. Hier schlägt der Engpass im Transportwesen durch. Das Getreide kann nicht schnell genut abgefahren werden. "Die Lager waren voll, voll, voll", berichtet Hauser.

Zufrieden ist der umtriebige Geschäftsführer mit den Pilotprojekten, mit denen er neue Einkommensmöglichkeiten fü die Landwirte erschließen möchte. "Das funktioniert in einer Genossenschaft immer gut, weil einer etwas gut kann und der andere eine Fläche hat", erklärt Hauser. Tütchen mit Blumenzwiebeln stehen bei der Generalversammlung auf den Tischen. Hanf wurde trotz Dürre geerntet und von einem niederländischen Partner zu Dämmmatten verarbeitet. "Kriegen wir es hin, die alte Kulturpflanze der Heide wiederzubeleben?" fragt Dr. Hauser. Auch Sojabohnen werden angebaut. Nächstes Projekt ist ein Biomasse-Reaktor zur Energieproduktion.

Die vielen neuen Ideen sind durchaus eine Herausforderung. "Es ist auch bei uns so, dass wir ab und zu Kopfschmerzen mit den Visione haben, aber wir beschäftigen uns damit", erzählt Aufsichtsratsvorsitzender Giere. 

Mit den Projekten reagiert die VSE auch auf die großen Herausforderungen für die Landwirtschaft zwischen Kritik an der Landwirtschaft, staatlichen Auflagen, hohen Preisen, Lieferschwierigkeiten und Klimawandel. "Wir arbeiten nachhaltig, und das seit Generationen", spricht Hauser den versammelten Bauern aus der Seele. "Was in unserer Gesellschaft vergessen wird: Wir, die Landwirtschaft, macht satt."